Montag, 2. Dezember 2019

Internationaler Tag für die Abschaffung der Sklaverei

Sklaverei? Ist das nicht etwas aus der Vorgeschichte, das wir schon seit Jahrzehnten, wenn nicht gar Jahrhunderten, überwunden haben? Mitnichten! Deswegen verlassen wir heute mal für einen Moment die Heimeligkeit der Adventszeit.

Nach Angaben der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) sind weltweit mehr als 40 Millionen Menschen Opfer moderner Sklaverei. Obwohl sie nicht gesetzlich definiert ist, wird sie als Oberbegriff für Praktiken wie Zwangsarbeit, Schuldknechtschaft, Zwangsheirat und Menschenhandel verwendet. Im Wesentlichen bezieht sie sich auf Situationen der Ausbeutung, die eine Person aufgrund von Drohungen, Gewalt, Zwang, Täuschung und/oder Machtmissbrauch nicht ablehnen oder verlassen kann.

Darüber hinaus unterliegen mehr als 150 Millionen Kinder der Kinderarbeit, was fast jedem zehnten Kind auf der Welt entspricht.

Daran erinnert uns der heutige 2. Dezember, der von den Vereinten Nationen zum Internationalen Tag zur Abschaffung der Sklaverei bestimmt wurde. Das Datum zurück geht auf die Annahme des Übereinkommens der Vereinten Nationen zur Bekämpfung des Menschenhandels und der Ausbeutung durch Prostitution anderer (Resolution 317(IV)) durch die UN-Generalversammlung am 2. Dezember 1949.

Diese Resulution war nicht der erste Versuch, die Sklaverei durch internationale Vereinbarungen zu beseitigen. Schon 1815 wurde in Artikel 118 der "Wiener Congreß-Acte (Pariser Friedensverträge)" eine Deklaration zur Abschaffung des sogennanten "Negerhandels" beschlossen. 1885 wurde mit der General-Akte der Berliner Konferenz (Kongokonferenz) zwischen den führenden europäischen Mächten und den USA eine Vereinabrung unterzeichnet, die die Ausbeutung afrikanischer Menschen unterbinden sollte. Ausführlichere Regelungen wurden in der General-Akte der Brüsseler Antisklaverei-Konferenz von 1889/90 festgehalten. Darauf aufbauend wurde 1926 in Genf das Sklavereiabkommen des Völkerbundes geschlossen, das als Grundlage der UN-Resolution diente.

Christen war es schon lange verboten, andere Christen als Sklaven zu erwerben, zu halten oder zu verkaufen. Was aber niemanden abhielt, vermeintliche Nichtchristen zu versklaven. Dem fielen im frühen Mittelalter in den noch nicht christianisierten Gebieten besonders die Slawen zum Opfer, die auf den Sklavenmärkten von Prag und Regensburg rege gehandelt wurden. Die Forschung ist sich mittlerweile ziemlich einig, dass sich unser heutiges Wort „Sklave“ (noch deutlicher im Englischen: Slave) wohl aus dem Namen der Volksgruppe der Slawen entwickelte.

Einige Päpste sprachen sich eindeutig gegen die Sklaverei aus (873: Johannes VIII., 1462: Pius II.); andere rechtfertigten die Sklaverei und den Sklavenhandel mit dem Argument, dass damit die Christianisierung von Heiden gefördert werde. Sogar der heute hochgeschätze Theologe Thomas von Aquin begründeten unter Berufung auf Aristoteles die Rechtmäßigkeit und Notwendigkeit der Sklaverei aus dem Naturrecht. Auch die bäuerliche Leibeigenschaft, in der Sache der Sklaverei nicht unähnlich, war über Jahrhunderte gängige Praxis. Trotz aller Absichtserklärungen und Deklarationen wurden auch in der Neuzeit immer wieder Menschen zu Sklaven: ob in den Kolonien der Großmächte, dem Süden der Vereinigten Staaten oder in Fabriken des Dritten Reichs.

Die heutige Sklaverei spielt sich vorwiegend auf den Baustellen der Glitzermetropolen des Orients, aber auch in den Freudenhäusern Europas ab. Arbeiter aus Pakistan oder den Phillipinen schuften ihrer Menschenrechte braubt; junge Frauen werden als Hausmädchen regelrecht gehandelt oder unter Vorspiegelung eines leichten Lebens im Geld aus Osteuropa hierher gelockt werden, wo sie ohne Pass, Geld, Sprachkenntnisse und soziale Kontakte eingeschüchtert ihre Freier bedienen müssen. Selbst die in der Weihnachtszeit beliebten Orangen wurden mitunter von modernen Sklaven geerntet; seinem erst kürzlich erschienenen Bericht „Bittere Orangen“ über afrikanische Flüchtlinge in kalabrischen Orangenplantagen gab Gilles Reckinger den Untertitel „Ein neues Gesicht der Sklaverei in Europa“.

Vielleicht sind die Gesichter, die Sklaverei heute hat, andere. Neu ist das Phänomen aber nicht. Wissen wir nicht alle darüber Bescheid? Oder schauen wir einfach nur weg, weil unser Leben so schön bequem geworden ist und wir doch sowieso nichts machen können?

 


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