Mittwoch, 23. Dezember 2020    

Heute Abend besuche ich mich…

Ilona Boeselager"Heute Abend besuche ich mich. Mal schauen, ob ich daheim bin." Dieses scherzhafte Zitat von Karl Valentin bekommt im Jahr 2020 eine neue Bedeutung. In Corona-Zeiten kann man feststellen: rein körperlich sind viele von uns derzeit weit öfter in den eigenen vier Wänden anzutreffen, als es ihnen lieb ist. Ja, manch einer ist sogar rund um die Uhr zu Hause.

Vermutlich meinte Valentin aber nicht die Anwesenheit unseres Körpers "daheim". Für mich ist sein Zitat vielmehr eine Einladung, nach meiner geistigen Verfasstheit zu fragen: Wie ist es um die Fähigkeit meines Geistes bestellt "bei mir zuhause" zu sein und es dort auszuhalten, ohne abzuschweifen? Kann und will ich überhaupt "bei mir" sein? Oder befördere ich mich stets an einen anderen Ort, sei es durch Fernsehen und Internet oder durch Gedanken und Sorgen, die mich davontragen?

Als nächstes frage ich mich, ob der "Corona-Advent" womöglich ganz besonders gut geeignet dafür ist, zu sich zu kommen. Zur Ruhe zu kommen; die Stille auszuhalten; die Sorgen an Gott abzugeben; den Geist von Lärm und Last zu befreien. Meinen Nächsten und mich selbst liebevoll zu ertragen. Zu akzeptieren, dass wir über vieles keine Kontrolle haben. Eine innere Haltung einzunehmen, die wie ein fortwährendes Gebet ist. Offen und zugänglich zu sein, damit mich das Weihnachtswunder auch wirklich "bei mir" antreffen kann.

Die sehnsuchtsvolle Frage nach Gott stellt sich auch der Schuster Martin in dem kleinen Film, den Sie im Kasten rechts finden. Er möchte so gerne von Jesus besucht werden. Er möchte so gerne Gott erleben dürfen. Allerdings hat er sehr konkrete und menschlich-begrenzte Vor­stel­lungen davon, auf welche Weise Gott zu ihm kommen soll.

Vielleicht habe auch ich zu festgelegte Er­wart­ungen daran, wie Gott sich mir "bitte schön" zu offenbaren hat? Und verpasse ich ihn womöglich um ein Haar? Ich weiß es nicht. Aber eine ahnende Hoffnung macht sich in mir breit: Wenn ich es schaffen könnte, nicht nur äußerlich, sondern auch innerlich, immer mehr "bei mir daheim" zu sein, dann hätte ich schon einen großen Schritt dafür getan, dass Gott mich überhaupt antreffen kann.

Er wird vermutlich bald anklopfen...
Ich freue mich schon!

– Ilona Boeselager



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